Nachhaltige Gästeführungen

Vergangenheit wissen, Zukunft denken - Ideenaustausch zu Nachhaltigkeit bei Gästeführungen

Das Wort „Nachhaltigkeit“ liegt voll im Trend der Zeit. Aber was ist das genau und was heißt es für den Beruf des Gästeführers? Gibt es Bedarf für „nachhaltige“ Führungen und wie könnten sie aussehen? Das diskutierten Teilnehmer der JHV 2014 in Burghausen in einem von Dr. Joachim Hamberger moderierten Workshop. Hamberger ist Gründer des Vereins für Nachhaltigkeit e. V., als Forstdirektor bei der bayerischen Staatsregierung tätig und als Gästeführer im bayerischen Freising unterwegs.

In einem Impulsvortrag klärte er zunächst den Begriff „Nachhaltigkeit“, der erstmals 1713 bei Hans Carl von Carlowitz in einem Buch über Forstwirtschaft aufgetaucht sei. „Damals ging es um die Schonung der Ressource Wald und ihre nachhaltende Nutzung über Generationen hinweg“, so Hamberger. „Heute geht es um durchdachtes und langfristig ausgerichtetes Handeln – in sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Hinsicht. Zum Beispiel auch auf Urlaubsreisen.“ Denn die Besucher einer Stadt oder Region wünschten sich immer mehr den heilen Zustand von Natur und Kultur, suchten Begegnungsqualität und „Heimat“. So könnten sie ein Stück weit dem komplexen modernen Alltag und der digitalen Reizüberflutung entfliehen. „Und deshalb wird das touristische Angebot der Zukunft all das zu berücksichtigen haben“, ist Hamberger überzeugt.

Anschließend erarbeiteten die Workshop-Teilnehmer in Kleingruppen, inwiefern Gästeführer „nachhaltig“ sein können: Mit ihren Inhalten erreichen sie viele Menschen gleichzeitig und können Impulse zum Nach- oder Umdenken geben. Zum Beispiel, indem sie auf eine energieschonende Anreise hinweisen, am Wegesrand kleine Dinge zeigen, die Großes bewirken, Zusammenhänge in Geschichte und Kunst erläutern oder Verständnis für Vorgänge in der Natur wecken. Sie bringen Beispiele für die mehr oder weniger gelungene Zukunftsgestaltung einer Stadt oder stellen ein Projekt vor, für das sie sich selbst engagieren. „Durch all das wirken Gästeführer nachhaltig und authentisch“, resümierten die Teilnehmer.

Wie aber könnte eine „nachhaltige Führung“ konkret aussehen? Die Grundfrage bei der Arbeit an einem Thema müsse immer lauten: Inwiefern kann das der Natur, der Gemeinschaft oder künftigen Generationen nutzen oder schaden? Mit historischen Beispielen ist es oft möglich, Brücken in die Gegenwart zu schlagen und Führungsteilnehmer für den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen zu sensibilisieren. Man weist beispielsweise auf den früheren Einsatz regionaler Baumaterialien hin (Sandstein, bestimmtes Holz) oder auf die Nutzung natürlicher Energiequellen (Mühlen, Trocknung etc.) und kommt dann auf das Thema Recyclingwirtschaft oder Erneuerbare Energien heute. Oder: Man stellt Zusammenhänge her zwischen sozialen Stiftungen früher und Ehrenamts- oder Hospizvereinen heute, zwischen Dreifelder-Wirtschaft früher und Bio-Landwirtschaft heute und so weiter…

Um nachhaltig zu führen, müsse man nicht unbedingt neue Themen finden, sondern vorhandene vielleicht nur neu strukturieren und mit anderen Beispielen belegen – so eine weitere Erkenntnis aus dem Workshop. Wichtig sei auch, ein Thema manchmal mehr in der Tiefe als in der Breite zu behandeln und die Gäste emotional zu berühren. Methodisch nachhaltiger könne es sein, wenn man die Gäste hin und wieder selbst entscheiden lässt oder mit der einfachen Frage „Was meinen Sie dazu?“ Diskussionen anregt, die unter Umständen lange in Erinnerung bleiben. Nicht zuletzt sollten Gästeführer aber auch bei sich selbst nachhaltig sein und sich – vor allem in der Hochsaison – nicht mit zu großen oder zu vielen Gruppen überfordern, um den Spaß an der Arbeit nicht zu verlieren.

Mehr zum Thema im Workshop-Protokoll JHV 2014 im passwortgeschützten Mitgliederbereich